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Sonstiges

Basel

Aeham Ahmad: Der Pianist aus den Trümmern

Es sind Bilder, die um die Welt gingen: Ein junger, Klavier spielender Mann inmitten zerstörter Häuser. Der Pianist ist Aeham Ahmad. Er wuchs im Flüchtlingslager Yarmouk auf, welches in der syrischen Hauptstadt Damaskus liegt.

«Wir haben auf den Tod gewartet»

Die Leidenschaft fürs Klavierspielen hat Aeham von seinem Vater: «Er hatte mich anfangs unterrichtet und mich dann in die Musikschule geschickt», erzählt er. Fast kein Kind in Syrien wisse, wie ein Instrument gespielt werde, da es extrem teuer ist. Ab 2013 rückte der IS immer näher an Yarmouk heran. Die Situation wurde zunehmend angespannter. «Wir haben auf den Tod gewartet. Dies war auch der Grund, weshalb ich in den Strassen Klavier gespielt habe. Ich hatte nichts zu verlieren», so Aeham. Er spielte auch Klavier, als ein Scharfschütze eines der Kinder erschoss, welches ihm beim Spielen zusah.

Eine Flucht wurde unumgänglich. «Ich wurde vom Islamischen Staat verfolgt, weil Musik eine Sünde (im arabischen bekannt als Haram) ist», erzählt Aeham weiter. Wäre er nicht geflüchtet, hätte der IS seine Familie umgebracht. Er flüchtete 2015 nach Deutschland, wo er bis heute lebt.

Mittlerweile ist Aeham als Pianist, der aus den Trümmern kam, international bekannt. 2017 veröffentlichte er zudem seine Autobiografie «Und die Vögel werden singen». Mit dem Buch möchte er dazu beitragen, dass der syrische Krieg nicht in Vergessenheit gerät.

Auftritt im Rahmen der Konzertreihe «Titus beflügelt»

Der Auftritt von Aeham Ahmad fand am Sonntagabend im Rahmen der Konzertreihe «Titus beflügelt» statt. Diese findet viermal jährlich in der Basler Titus Kirche statt.

«Unser Herbstkonzert fällt zufälligerweise auf den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag», sagt der künstlerische Leiter, Christian Sutter. In diesem Sinne sei es ein guter Moment gewesen, sich der privilegierten Situation in der Schweiz bewusst zu werden. «Für uns ist die Situation von Aeham fast unvorstellbar», so Sutter weiter.

Video: I’m Blue – Regie: Abu Ghabi

Ich hatte einen wiederkehrenden Traum, seit ich aus dem Yarmouk-Flüchtlingslager geflohen bin und nach Beirut gekommen bin. Der Traum führt mich zurück zum belagerten Yarmouk, wo Tod und Zerstörung einen Weg gefunden haben, sich in all seinen Details niederzulassen. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Traum oder ein Albtraum ist. Aber ich lebe in diesem offenen Warten mit Bildern dieses Ortes und der Schwierigkeit, ihn aufzugeben. Vielleicht hat der Klang des Klaviers meines Freundes Ayham den Albtraum in einen Traum und den Ort in eine Legende verwandelt. Hier gibt es keine Geografie, einen Ort zwischen zwei Malen, der erste ist ein Zelt und der zweite sind Taschen, die für andere Eroberungen gepackt wurden. Diese Eroberungen fördern die Härte und Bitterkeit unserer Katastrophen und früheren Enttäuschungen. Wir packen unser Gepäck, um nur unsere Erinnerung zu finden, die die Geschichten unserer Beziehung zum Wind erzählt. Wir als Zeugen von Enttäuschung und Hoffnung.


© Lamis al-KhatibDieses ist das berühmte Foto, das Niraz Saied von mir in Yarmouk aufgenommen hat.
Das Foto wurde von Lamis al-Khatib zur Veröffentlichung auf meiner Webseite freigegeben.

Am 18. Juli 2018 wurde folgender Artikel von Aljazeera veröffentlicht:
Ein preisgekrönter palästinensischer Fotograf aus dem Flüchtlingslager Yarmouk in Syrien wurde nach Angaben von Familienmitgliedern und engen Freunden Jahre nach seiner Verhaftung durch syrische Regierungstruppen als tot bestätigt. Niraz Saied, der dafür bekannt war, das Leben im Lager im Süden Damaskus zu dokumentieren, wurde im Oktober 2015 von Truppen festgenommen, die Präsident Bashar al-Assad treu ergeben waren, kurz nachdem ihm von der Regierung ein sicherer Austritt aus dem Land versprochen worden war. Nach Jahren der Hoffnung, dass sie ihren geliebten Verwandten wiedersehen würden, erhielten Familienmitglieder in der syrischen Hauptstadt die Bestätigung, dass Saied vor etwa 18 Monaten gestorben ist, er war 26 Jahre alt.

Hier ist ein Zeitungsartikel über Niraz Saied vom 20. August 2019